Natürliche UV-Strahlung birgt ein erhöhtes Krebsrisiko für Beschäftigte im Freien
UV-Strahlung von der Sonne wird seit 2012 von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) als Humankarzinogen der Gruppe I eingestuft und ist damit ähnlich krebserregend wie Asbest oder Tabak. Dies führt alleine in Deutschland zu jährlich mehr als 200.000 neuen Hautkrebserkrankungen. Beschäftigte, die im Freien arbeiten, sind einem erhöhten Hautkrebsrisiko ausgesetzt, welches jedoch durch einfache Maßnahmen effektiv verringert werden kann.
In zahlreichen Branchen, z. B. im Baugewerbe, in der Forst- und Landwirtschaft, im Zustelldienst, aber auch in der Lehre und Erziehung muss häufig im Freien gearbeitet werden. Der Arbeitsalltag dieser ca. 2–7 Millionen Beschäftigten (je nach Schätzung) findet ganz oder teilweise im Außenbereich statt, so dass ihre Jahresexposition gegenüber solarer UV-Strahlung im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich höher ist. Dabei führt eine Verdopplung der kumulativen UV-Dosis zu einem mehr als doppelt so hohen Risiko an einer Form des weißen Hautkrebses zu erkranken (exponentielle Dosis-Wirkungs-Beziehung).
Der Gesetzgeber trägt dieser Erkenntnis Rechnung und hat das Plattenepithelkarzinom sowie multiple aktinische Keratosen 2015 als Berufskrankheit BK 5103 in die Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) aufgenommen. Darüber hinaus konkretisiert die Arbeitsmedizinische Regel AMR 13.3 die Arbeitsmedizinische Vorsorgeverordnung (ArbMedVV) im Hinblick darauf, wann bei Tätigkeiten im Freien eine intensive Belastung durch natürliche UV-Strahlung und somit ein Angebotsvorsorgeanlass gegeben ist. Maßgeblich für den Schutz von Sicherheit und Gesundheit von Außenbeschäftigten sind das Arbeitsschutzgesetz (§4, 5, 11, 12 ArbSchG) gemeinsam mit einschlägigen Arbeitsschutzverordnungen, insbesondere der Arbeitsstättenverordnung (§3, 6, Anh. 5.1 ArbStättV).
Unterstützung der Gefährdungsbeurteilung: der UV-Index
Arbeitgeber sind verpflichtet, Gefährdungen für Beschäftigte im Freien zu beurteilen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Zur Unterstützung der Gefährdungsbeurteilung kann als Hilfsmittel der UV-Index (UVI) verwendet werden. Dieser basiert auf der sonnenbrandwirksamen UV-Bestrahlungsstärke der Sonne und wird auf einer ganzzahligen Skala von 0 bis 11+ angegeben.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt ab einem UVI von 3 die Anwendung von Maßnahmen wie lange Oberbekleidung, eine geeignete Kopfbedeckung sowie die Verwendung von Sonnenschutzcreme für unbedeckte Haut. Um die Mittagszeit (höchster Stand der Sonne) ist Schatten aufzusuchen. Für sehr hohe UVI ab 8 sind diese Maßnahmen dringend geboten. Sofern möglich, sollten Außenaktivitäten vermieden werden. Das Tragen einer Sonnenbrille ist grundsätzlich ratsam.
UV-Index-Jahreskalender
Basierend auf der Analyse von Daten der UV-Messstation in Dortmund für die Jahre 1998 bis 2018 wurde ein vereinfachter UVI-Jahreskalender entwickelt, in dem graphisch für jeden Monat der im langjährigen Mittel typsicherweise maximal erreichbare UVI-Wert abgebildet ist.
Beispielsweise wurde im genannten Analysezeitraum für den Januar in Dortmund noch kein UVI = 2 gemessen, wohingegen dies im Februar an einigen wenigen Tagen möglich ist. Im Juni kam es bisher durchschnittlich an weniger als einem Tag im Monat zu einem UVI = 8. Ein UVI = 9 wurde in Dortmund noch nicht registriert, ist aber an anderen Standorten in Deutschland und insbesondere in Höhenlagen möglich. Während im November noch an etwa 2 von 3 Tagen ein UVI = 1 vorliegt, ist dies im Dezember nur noch an insgesamt ca. 2 Tagen der Fall.
Der UVI-Jahreskalender bietet sich zur frühzeitigen Planung von Maßnahmen bei Außenbeschäftigung an, die zwischen März und Oktober umzusetzen sind. Allerdings sollten die im Jahreskalender genannten maximalen UVI als Orientierung angesehen werden, da lokal und je nach Witterungsbedingungen niedrigere oder höhere UVI vorliegen können. Auch durch sog. Niedrig-Ozon-Ereignisse in der Stratosphäre kann es im Frühjahr zu ungewöhnlich hohen UVI kommen. Insbesondere bei nach dem Winter höheren Temperaturen, damit verhaltensbedingt leichterer Bekleidung und verstärkter Außenaktivität, entsteht für die noch völlig ungebräunte Haut ein hohes Sonnenbrandrisiko. Hierfür gilt es Beschäftigte rechtzeitig zu sensibilisieren.
Da im Alltag der UVI-Jahreskalender nicht stets präsent ist, kann eine im Zusammenhang mit Verkehrssicherheit bekannte Merkregel hilfreich sein: Im Zeitraum von Ostern bis Oktober (O bis O) ist in Deutschland die Haut vor Sonnenstrahlung zu schützen.
Die folgende Abbildung gibt den aktuellen UV-Index am BAuA-Standort Dortmund wieder. UVI-Werte für ganz Deutschland werden u. a. auf der Seite des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) bekannt gegeben.
Maßnahmen
Grundsätzlich unterscheiden sich Empfehlungen zum Schutz vor natürlicher UV-Strahlung für Außenbeschäftigte nicht wesentlich von denen der Allgemeinbevölkerung. Technische und organisatorische Maßnahmen haben zwar Vorrang vor personenbezogenen Maßnahmen, eine sinnvolle Kombination bietet jedoch den effektivsten Schutz.
Technische Maßnahmen
sind alle Arten der Verschattung.
- Überdachungen, Einhausungen, Vordächer und Sonnensegel/Sonnenschirme für ständige Arbeitsplätze im Freien
- Sonnensegel/Sonnenschirme für mobile Arbeitsplätze, wobei regelmäßig die Ausrichtung zur Sonne geprüft werden muss
- seitliche Abschirmungen bei stark reflektierenden Oberflächen
- natürliche Unterstellmöglichkeiten durch Gebäude oder Bepflanzungen, wobei letztere häufig nur geringen UV-Schutz bieten
- allseits umschlossene Kabinen bei mobilen Arbeitsmitteln (geschlossene Fenster)
Es ist darauf zu achten, dass bei technischen Maßnahmen kein Hitzestau entsteht.
Organisatorische Maßnahmen
haben eine Minimierung der Aufenthaltszeit in der Sonne zum Ziel.
- in den Mittagsstunden (ca. 11 - 15 Uhr) den Aufenthalt in der Sonne vermeiden
- Tätigkeiten in beschattete Bereiche oder geschlossene Räume verlegen
- früherer Arbeitsbeginn oder späteres Arbeitsende (bei gleicher Arbeitsdauer)
- Pausenzeiten anpassen
- Arbeit auf mehrere Beschäftigte verteilen
- bei hohem UV-Index Überstunden vermeiden
Darüber hinaus kommt der Unterweisung von Beschäftigten über mögliche Gefährdungen durch natürliche UV-Strahlung und damit verbundene Maßnahmen eine besondere Bedeutung zu.
Personenbezogene Maßnahmen
sind z. B.
- geeignete (langärmlige) körperbedeckende Bekleidung mit ausreichendem UV-Schutz, etwa durch dichtgewebte Stoffe,
- Kopfbedeckungen mit breiter Krempe, Nacken- und Ohrenschutz,
- Sonnenschutzmittel für Körperstellen, die nicht durch Textilien geschützt werden können, z. B. Gesicht, Handrücken, Hals (auf einen geeigneten Lichtschutzfaktor von mindestens 30 und eine sachgerechte, regelmäßige Anwendung ist zu achten) sowie
- UV-Schutzbrillen bzw. Sonnenbrillen gemäß den Anforderungen an Sonnenschutzfilter für den gewerblichen Bereich nach DIN EN 172.
Die BAuA ist seit 1996 Mitglied im bundesweiten UV-Messnetz und seit 2013 Partner des UV-Schutz-Bündnisses