Chancen und Herausforderungen zunehmender Diversität
Die Arbeitswelt wird vielfältiger. Die Arbeit selbst wird immer ausdifferenzierter, und der demografische Wandel ändert die Altersstruktur an den meisten Arbeitsplätzen. Der Diversität von Belegschaften kommt entsprechend eine wachsende Bedeutung zu. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) untersucht Chancen und Herausforderungen dieser Entwicklung und ermittelt Erfolgsfaktoren von Vielfalt und Teilhabe verschiedener Erwerbstätigengruppen im Betrieb.
Vielfalt im Betrieb kann sich auf viele verschiedene Dimensionen beziehen. Dazu gehören z. B. Alter, Geschlecht und Geschlechtsidentität, Herkunft der Beschäftigten, deren Ausbildungsgrad und professionelle Ausrichtung, soziokulturelle Faktoren, aber auch Themen wie unterschiedliche körperliche und geistige Fähigkeiten, sexuelle Orientierung oder verschiedene Lebensentwürfe und Weltanschauungen. Vielfalt kann häufig erstmal als "Störfaktor" wahrgenommen werden, der "Reibungsverluste" in den betrieblichen Abläufen erzeugt. Z. B., wenn Beschäftigte aufgrund von Sprachschwierigkeiten Arbeitsaufgaben nicht richtig verstehen, Ältere nicht mehr die volle körperliche Leistung bringen können oder Teambesprechungen aufgrund der flexiblen Arbeitszeitmodelle kaum noch möglich sind.
Mit geeigneten Maßnahmen zur Förderung und Gestaltung von Vielfalt lassen sich solche Herausforderungen aber gezielt vermeiden. Sowohl Beschäftigte als auch Arbeitgeber können von einer vielfältigen Belegschaft profitieren – durch eine größere Bandbreite an Perspektiven, mehr Innovationskraft und eine bessere Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Marktanforderungen.
Forschung für die Vielfalt
Die BAuA untersucht den Zusammenhang von Arbeitsbedingungen und Gesundheit in verschiedenen Erwerbstätigengruppen. Ziel ist es, Bedürfnisse und Vulnerabilitäten von spezifischen Erwerbstätigengruppen besser zu verstehen und ihre Beschäftigungsfähigkeit zu fördern.
In der kontextsensiblen Forschung wird Diversität in ihrer Wechselwirkung mit Arbeitsbedingungen, betrieblichen Faktoren und gesellschaftlichen Dynamiken betrachtet. So beeinflusst z. B. die betriebswirtschaftliche Orientierung der Krankenhäuser an Fallpauschalen die Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals.
Demografischer Wandel
Besondere Aufmerksamkeit verdienen angesichts der Bevölkerungsstruktur in Deutschland die Auswirkungen des demografischen Wandels auf den Arbeitsmarkt. Alternde Belegschaften und Fachkräftemangel machen es notwendig, Arbeitsbedingungen sowohl altersgerecht als auch alternsgerecht zu gestalten, damit die Beschäftigten ihre Tätigkeit lange und gesund ausüben können. Dafür ist der Erhalt und die Förderung der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit über den gesamten Erwerbsverlauf die entscheidende Strategie. Unsere Forschung zu diesem Thema umfasst z. B. die Validierung und praxisnahe Implementierung des "Later Life Workplace Index", eines Instruments zur Messung der Alters- und Alternsgerechtigkeit von Betrieben.
Der demografische Wandel fordert Organisationen heraus. Die Leistungsfähigkeit älterer Beschäftigter muss möglichst lange erhalten und die Arbeitsbedingungen an ihre Bedürfnisse angepasst werden. Der Later Life Workplace Index (LLWI) beschreibt passende betriebliche Maßnahmen und bietet ein validiertes Messinstrument zur Selbsteinschätzung von Betrieben.
Arbeit menschengerecht gestalten
Unter dem Stichwort "differenzielle Gestaltung von Arbeit" propagieren wir einen Gestaltungsansatz, der unter anderem individuelle Kompetenzen, Bedürfnisse, Potenziale und Unterstützungsbedarfe berücksichtigt. Besonders Menschen mit Behinderungen profitieren von diesem Gestaltungsansatz. Neue Technologien ermöglichen eine gezielte Gestaltung von Arbeit sowie eine passgenaue Unterstützung, die es Menschen mit gesundheitsbedingten Beeinträchtigungen der Körperfunktionen oder -strukturen zunehmend in gleicher Weise ermöglicht, am Arbeitsleben teilzuhaben wie Menschen ohne diese Beeinträchtigungen.
Insbesondere KI-basierte assistive Technologien ermöglichen Beschäftigten mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen oder Behinderungen einen Zugewinn an Tätigkeitsspielraum und Autonomie.
Die BAuA erforscht im Bereich "Inklusion und Technologie", unter welchen Bedingungen neue Technologien Förderfaktoren für die menschengerechte Gestaltung von Arbeit für Menschen mit Beeinträchtigungen darstellen und wann sie hingegen als Barriere wirken. Dabei werden auch Aspekte der Zusammenarbeit von Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen in Teams beleuchtet.
Return to Work und Wiedereingliederung
Ein weiterer Fokus wird auf die Prozesse der Wiedereingliederung und die Wirksamkeit von Return to Work (RTW)-Maßnahmen gelegt. In der Forschungslinie „Betriebliches Eingliederungsmanagement stärken und Return to Work fördern“ geht es um die Beschreibung und Analyse des Wiedereingliederungsgeschehens, der aktuellen Praxis der stufenweisen Wiedereingliederung und der Wirksamkeit von RTW-Maßnahmen, beispielsweise der intensivierten Nachsorge in psychiatrischen Institutsambulanzen.
Video: Forschung konkret
BAuA-Wissenschaftlerin JProf. Dr. Lena Hünefeld beantwortet drei Fragen zum Thema "Vielfalt und Förderung beruflicher Teilhabe".
3 Fragen zum Thema "Vielfalt und Förderung beruflicher Teilhabe"
Projektnummer F 2540Status Laufendes Projekt
Qualität der Teilhabe am Erwerbsleben - Die Arbeitssituation von Menschen mit Beeinträchtigungen erfassen, beschreiben und gestalten
Projektnummer F 2525Status Laufendes Projekt
Formative qualitative Evaluation einer frühen Intervention am Arbeitsplatz (FRIAA) für Beschäftigte mit psychischen Krisen und Erkrankungen
Projektnummer F 2538Status Laufendes Projekt
Intensivierte Return to Work-Nachsorge in psychiatrischen Institutsambulanzen von Versorgungskliniken (RTW-PIA)
Verbreitung des betrieblichen Eingliederungsmanagements: Sind Gesundheitsorientierung und soziale Ressourcen bedeutsamer als Betriebsgröße? Ergebnisse der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2018
Die Arbeit an und mit Menschen benötigt für die gesundheits- und persönlichkeitsförderliche Gestaltung Erkenntnisse über ihre spezifischen Arbeitsbedingungen und Anforderungen sowie deren Auswirkungen auf Beschäftigte.