Arbeitsmedizinische Vorsorge

Arbeitsmedizinische Vorsorge ist ein sehr wichtiger, aber nicht der alleinige Bestandteil des betriebsärztlichen Handelns, also der arbeitsmedizinischen Prävention im Unternehmen.

Eine Betriebsärztin berät eine Arbeitnehmerin in Rahmen der Arbeitsmedizinischer Vorsorge
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Die Verordnung wurde 2019 zuletzt geändert. Umfassende und aktuelle Informationen zur arbeitsmedizinischen Vorsorge nach ArbMedVV bietet das Internet-Angebot des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS).

Viele Fragen rund um die arbeitsmedizinische Vorsorge sind durch das BMAS über eine Liste häufig gestellter Fragen (FAQ) beantwortet. Nachfolgend wird daher nur eine Übersicht über wesentliche Aspekte der arbeitsmedizinischen Vorsorge gegeben.

Was ist arbeitsmedizinische Vorsorge?

Arbeitsmedizinische Vorsorge ist konkret die Aufklärung und Beratung der Beschäftigten durch eine Betriebsärztin/einen Betriebsarzt oder ein/e Arbeitsmediziner/-in über arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren.

Die Beratung setzt in der Regel auch körperliche und apparative Untersuchungen voraus. Wenn notwendig, wird die Betriebsärztin bzw. der Betriebsarzt über die vorgesehenen Untersuchungen aufklären. Diese werden aber nur durchgeführt, wenn der Beschäftigte dies nicht ablehnt. Wichtig ist, dass die Inhalte und das Ergebnis der arbeitsmedizinischen Vorsorge vertraulich sind und der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen.

Welches Ziel verfolgt arbeitsmedizinische Vorsorge?

Arbeitsmedizinische Vorsorge hat zum Ziel, Beschäftigte über arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren mit konkretem Bezug zu den individuellen Voraussetzungen zu beraten, etwa der persönlichen Konstitution und Disposition.

Es geht darum einzuschätzen, ob unter den konkreten und weiteren zurückliegenden Arbeitsbedingungen Probleme für die Gesundheit, bspw. arbeitsbedingte oder arbeitsbezogene Beschwerden oder Erkrankungen, aufgetreten sind oder möglicherweise zu erwarten sind. Arbeitsbedingte Erkrankungen sollen frühzeitig erkannt und verhindert werden. Ein Beispiel ist das Erkennen von beginnenden Hörschäden beim Arbeiten in sehr lauten Umgebungen.

Zugleich soll arbeitsmedizinische Vorsorge einen Beitrag zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit leisten. Ein Beispiel wäre die Verordnung eines individuell angepassten Gehörschutzes bei Beschäftigten mit bestimmten Vorerkrankungen des Gehörs.

Im Vordergrund steht die individuelle Aufklärung und Beratung im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge. Der Betriebsarzt kann bspw. direkt beraten, dass Gehörschutz immer und korrekt getragen werden muss. Probleme mit dem Gehörschutz können besprochen werden.

Die arbeitsmedizinische Vorsorge soll auch zur Weiterentwicklung des betrieblichen Arbeitsschutzes beitragen. Die Betriebsärztin bzw. der Betriebsarzt kann etwa den Betrieb bei der Beschaffung von Gehörschutz beraten. Gegebenenfalls kann in Unterweisungen verstärkt auf die Notwendigkeit des Gehörschutzes hingewiesen werden.

Was sind wichtige Voraussetzungen für die arbeitsmedizinische Vorsorge?

Die arbeitsmedizinische Vorsorge setzt voraus, dass die Betriebsärztin bzw. der Betriebsarzt den Arbeitsplatz des Beschäftigten und die vorkommenden Gefährdungen durch die Mitwirkung an der Gefährdungsbeurteilung kennt.

Die Beschäftigten erhalten eine allgemeine kollektive arbeitsmedizinische Beratung im Rahmen der Unterweisung über die arbeitsbedingten Gefährdungen am Arbeitsplatz sowie über die Möglichkeiten, Ziele und Inhalte der arbeitsmedizinischen Vorsorge.

Dabei ist auch darauf hinzuweisen, dass die arbeitsmedizinische Vorsorge keine Beurteilung der gesundheitlichen Eignung oder Tauglichkeit darstellt.

Wer kann arbeitsmedizinische Vorsorge in Anspruch nehmen?

Jede/-r Beschäftigte kann sich im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge betriebsärztlich beraten lassen, wenn ein Zusammenhang zwischen gesundheitlichen Beschwerden und den Arbeitsbedingungen vermutet wird (Wunschvorsorge nach § 11 ArbSchG bzw. § 5a ArbSchG).

Die Unternehmen müssen den Beschäftigten regelmäßig arbeitsmedizinische Vorsorge anbieten und die Teilnahme an der Beratung ermöglichen (Angebotsvorsorge), wenn bestimmte arbeitsbedingte Belastungen am Arbeitsplatz vorliegen. Die Anlässe sind im Anhang der ArbMedVV definiert.

Die Teilnahme an der arbeitsmedizinischen Vorsorge ist verpflichtend (Pflichtvorsorge), wenn am Arbeitsplatz bestimmte berufliche Belastungen vorliegen. Die Anlässe sind im Anhang der ArbMedVV definiert.

Ist die Teilnahme an der arbeitsmedizinischen Vorsorge für Beschäftige verpflichtend?

Nicht generell. Es kommt auf die Art des Vorsorgeangebots an:

  • Bei der Wunschvorsorge liegt die Initiative zur Inanspruchnahme bei den Beschäftigten.
  • Bei der Angebotsvorsorge ist die Inanspruchnahme freiwillig.
  • Bei der Pflichtvorsorge sind Beschäftigte zur Teilnahme verpflichtet. Eine Beschäftigung am Arbeitsplatz ist ohne Vorsorgebescheinigung nicht möglich.

Welche medizinischen Untersuchungen finden im Rahmen der der arbeitsmedizinischen Vorsorge statt?

Die arbeitsmedizinische Vorsorge ist in erster Linie eine Beratung durch die Betriebsärztin bzw. den Betriebsarzt über den Gesundheitszustand im Zusammenhang mit den konkreten Arbeitsbedingungen. Die Beschäftigten sind nicht verpflichtet, Angaben zu ihrem Gesundheitszustand zu machen oder sich untersuchen zu lassen. Eine gute arbeitsmedizinische Beratung setzt jedoch einen Anamnese voraus, bei der Angaben zur Krankengeschichte erhoben werden. Klinische Untersuchungen wie ein Hörtest oder Laboruntersuchungen sind oft wichtig, bedürfen aber immer der ausdrücklichen Zustimmung des Arbeitnehmers. Dies gilt auch für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen.

Inhalt und Verfahren der arbeitsmedizinischen Beratung hängen vom konkreten Anlass, d. h. von der beruflichen Exposition ab. Die DGUV hat Empfehlungen zur konkreten Ausgestaltung der Anamnese, der klinischen Untersuchungen sowie der Beratungsinhalte für verschiedene berufliche Expositionen veröffentlicht.

Neben diesen Empfehlungen sind für Betriebsärztinnen und Betriebsärzte die aktuellen medizinischen Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften Grundlage für die Beratung.

Ist die Beratung im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge auf den Vorsorgeanlass beschränkt?

Nein. Die ArbMedVV fordert ab 2019 (§ 3 Abs. 3 Satz 2, § 6 Abs. 1 Satz 3 ArbMedVV), dass alle Vorsorgeanlässe in einem Termin beim Betriebsarzt gebündelt werden. Zudem soll der Betriebsarzt im Gespräch alle Arbeitsbedingungen und arbeitsbedingten Gefährdungen erfassen und berücksichtigen. Die arbeitsmedizinische Vorsorge kann auch weitere Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge umfassen.

Die Forderung des Gesetzgebers, die arbeitsmedizinische Vorsorge nicht auf einzelne Expositionen zu beschränken, sondern ganzheitlich zu betrachten, wird als ganzheitlicher Ansatz bezeichnet. Für Betriebsärzte sind die Hintergründe und Vorgehensweisen in der arbeitsmedizinischen Regel AMR 3.2 "Ganzheitliche arbeitsmedizinische Vorsorge unter Berücksichtigung aller Arbeitsbedingungen und arbeitsbedingten Gefährdungen" dargestellt. Inwieweit dieser Ansatz bereits umgesetzt wird, untersucht die BAuA im Forschungsprojekt F2522.

Was ist das Ergebnis der arbeitsmedizinischen Vorsorge?

Das Ergebnis der Vorsorge ist in erster Linie die mündliche Beratung durch den Betriebsarzt. Der Betriebsarzt wird auf Grundlage der vorliegenden Kenntnisse zum Arbeitsplatz und zur Gesundheit der Beschäftigten die Wechselwirkungen zwischen der Arbeit der Beschäftigten einschätzen, informieren und beraten. Im Rahmen der Vorsorge können Fragen oder Bedenken der Beschäftigten in Bezug auf die vorliegenden Arbeitsbelastungen und die eigene Gesundheit geklärt werden.

Der Betriebsarzt kann über diagnostische, therapeutische sowie prognostische Aspekte einer vorliegen Erkrankung im Zusammenhang mit der Arbeit beraten, ggf. auch in eine fachärztliche Betreuung vermitteln. Ebenso kann in der Vorsorge auf Präventions- und Rehabilitationsangebote der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Unfallversicherungen hingewiesen werden. Über die arbeitsmedizinische Vorsorge können Beschäftige bei Bedarf auch in andere medizinische Betreuungsangebote im Betrieb vermittelt werden, etwa die psychosomatischen und psychotherapeutischen Sprechstunden. Beschäftige werden auch auf die Angebote der betrieblichen Gesundheitsförderung hingewiesen, bspw. auf Ernährungsberatung oder Bewegungsangebote.

Falls sich aus der Vorsorge ergibt, dass ein begründeter Verdacht einer Berufskrankheit vorliegt, ist die Betriebsarzt bzw. der Betriebsarzt gesetzlich verpflichtet, dies gegenüber den Unfallversicherungsträgern bzw. der Landesarbeitsschutzbehörde zu melden. Beschäftigte werden in diesem Fall beraten.

Schriftliche Befunde oder Ergebnisse zu medizinischen Aspekten werden nur direkt an die Beschäftigten ausgehändigt und unterliegen ansonsten der ärztlichen Schweigepflicht.

Die Vorsorgebescheinigungen sind eine wichtige Dokumentation für die Beschäftigten, dass sie in einem bestimmten Tätigkeitszeitraum beruflichen Gefährdungen ausgesetzt waren und der Gesundheitszustand im Rahmen der Vorsorge durch den Betriebsarzt erfasst und dokumentiert wurde. Vorsorgebescheinigungen sollten daher bspw. für Versicherungszwecke aufbewahrt werden.

Der Betrieb erhält eine Vorsorgebescheinigung. Diese enthält nur den Nachweis, dass die Beratung stattgefunden hat und den Anlass (die konkrete Gefährdung am Arbeitsplatz, bspw. eine Lärmexposition). Näheres regelt die Arbeitsmedizinische Regel (AMR) 6.4.

Wie oft findet arbeitsmedizinische Vorsorge statt?

Soweit Vorsorge erforderlich ist (Angebotsvorsorge, Pflichtvorsorge), wird arbeitsmedizinische Vorsorge in regelmäßigen Abständen angeboten bzw. durchgeführt.

Die Fristen sind in der AMR 2.1 festgelegt. Typische Fristen sind 3 Monate vor und 12 Monate nach Aufnahme der Tätigkeit und danach alle 36 Monate.

Wer erstellt Regeln und gibt Hinweise, wie arbeitsmedizinische Vorsorge ausgestaltet wird?

Die im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge zu erfüllenden Aufgaben der Betriebsärztin/des Betriebsarztes werden durch den Ausschuss für Arbeitsmedizin (AfAMed) in arbeitsmedizinischen Regeln (AMR) und Empfehlungen (AME) entsprechend dem Stand der Arbeitsmedizin und des gesicherten arbeitsmedizinischen Wissens konkretisiert.

Die Geschäftsführung des AfAMed liegt bei der BAuA. Informationen zum AfAMed sowie alle Beschlüsse, Regeln und Stellungnahmen sind hier veröffentlicht. Zu den arbeitsmedizinischen Regeln gehört die AMR 3.2 "Arbeitsmedizinische Vorsorge". Sie definiert die drei oben genannten Bereiche der arbeitsmedizinischen Vorsorge.

Was kann arbeitsmedizinische Vorsorge nicht leisten?

Arbeitsmedizinische Vorsorge kann technische und organisatorische Schutzmaßnahmen nicht ersetzen. Diese haben immer Vorrang vor personenbezogenen Maßnahmen (TOP-Prinzip). Erkenntnisse aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge sollen jedoch genutzt werden, um ggf. technische und organisatorische Schutzmaßnahmen an Arbeitsplätzen einzuführen, zu überprüfen oder anzupassen. Dies kann sich auf alle oder nur auf einzelne Beschäftigte an einem Arbeitsplatz beziehen.

Publikationen

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Aufsatz 2023

Der gesamte Artikel kann von der Internetseite des Journals "Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Umweltmedizin", Volume 58, Nr. 4, S. 250-260 heruntergeladen werden: "Ergebnisse einer Expertenbefragung zur Umsetzung der ganzheitlichen arbeitsmedi­zinischen Vorsorge in der betrieblichen Praxis" (ggfs. …

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Zum Verständnis von Gesundheit in der Arbeitswelt - ein Problemaufriss

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