Unter- oder Überdruck
Art der Gefährdungen und deren Wirkungen
Gefährdungen durch Unterdruck
Gefährdungen treten insbesondere bei zu schnellem Aufstieg in größere Höhen bzw. bei zu schneller Druckminderung auf.
Wirkungen auf den Menschen
Sehr schnelle Druckschwankungen (z. B. in Aufzügen, Seilbahnen, bei Flugzeugstarts, plötzlichem Druckabfall in Kabinen oder Kammern) wirken sich zunächst vorwiegend auf das Mittelohr und die Nasennebenhöhlen (Druckgefühl) aus.
Hauptproblem bei Arbeiten in Unterdruck ist der mit dem Druck abnehmende Sauerstoffgehalt in der Atemluft: Die reduzierte Sauerstoffversorgung belastet den Kreislauf und mindert die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit, ggf. verstärkt durch erhöhten Sauerstoffbedarf bei gleichzeitig körperlicher Anstrengung oder erhöhten Aufmerksamkeitsanforderungen. Schon bei Höhenlagen unterhalb 2 000 m (unterhalb einem Umgebungsdruck von 0,8 bar) können geringfügige Leistungseinbußen auftreten; ab 3 000 m ist die Leistungsfähigkeit signifikant gemindert [4].
Schon vier Stunden Schlaf im Flugzeug (bei 0,76 bar) führen zu signifikanter Reduzierung der Sauerstoffsättigung des Blutes, flacherem Schlaf und signifikanter Minderung der Leistungsfähigkeit in der folgenden Wachphase [5].
Höhenbeschwerden
Ab einer Druckabnahme von etwa 0,2 bar treten bei fast jedem Exponierten leichte Höhenbeschwerden wie leichte Kopfschmerzen, Schlaf- und Appetitstörungen sowie Dyspnoe (erschwerte Atmung) auf, die aber nach mehreren Tagen Höhenanpassung verschwinden.
Höhenkrankheit
Bei höherer Druckabnahme (z. B. bei schnellem Aufstieg in Höhen über 3 000 m) zeigen sich innerhalb von 4 bis 24 Stunden Symptome der akuten Höhenkrankheit. Es können stärkere Kopfschmerzen, Herzrasen, Kurzatmigkeit, Appetit- und Schlaflosigkeit, Schwindel, Übelkeit, Kaltschweißigkeit, Erbrechen, Konzentrations- und Koordinationsstörungen, ungewohntem Leistungsverlust, Reizbarkeit, Apathie, Selbstüberschätzung und Fehleinschätzungen, verengtes Gesichtsfeld, Bewusstseinseintrübung (sog. Höhenrausch) sowie Abfall der Lichtempfindlichkeit und Störungen der Nachtsehfähigkeit auftreten. Es schließen sich Störungen der Motorik und Koordination an bis hin zum denkbaren Hypoxiekollaps (Sauerstoffmangel im Gewebe). Ab 5 000 m Höhe ist jeder Zweite betroffen. Bei empfindlichen Personen treten diese Erscheinungen auch schon in geringeren Höhen auf. Es bestehen Einschränkungen der Höhenverträglichkeit bei bestimmten Erkrankungen.
Ödeme
Oberhalb von 4 000 Metern (entspricht Umgebungsdruck unter 0,62 bar) können innerhalb von 24 Stunden in 1-3 % ein Höhenlungenödem bzw. oberhalb von 5 000 Metern seltener das Höhenhirnödem auftreten, die in 25 % bzw. 40 % der Fälle tödlich verlaufen.
Wechselwirkungen
Wechselwirkungen bestehen z. B. im Flugverkehr durch Nacht- und Schichtarbeit und wechselnde Tagesrhythmen (Jetlag).
Die oben beschriebenen Wahrnehmungseinschränkungen und Rauschzustände erhöhen das Unfallrisiko stark.
Die verminderte Durchblutung bei Unterdruck erhöht das Risiko von Erfrierungen insbesondere der Extremitäten.
Gefährdungen durch Überdruck
Gefährdungen beziehen sich insbesondere auf Phasen der Kompression bzw. Dekompression, aber auch auf die Isopressionsphase.
Wirkungen auf den Menschen
Bei zunehmendem Druck werden die in der Atemluft enthaltenen Gase, insbesondere Stickstoff vermehrt aufgenommen. Die Sättigung hängt vom Arbeitsdruck bzw. der Tauchtiefe und der Expositions- bzw. Tauchzeit, aber auch von der Kreislaufaktivität (körperlich schwere Arbeiten) ab, wobei es anfangs zur Sättigung der Körperflüssigkeiten, dann von gut durchbluteten, später aller Gewebe kommt. Bei Dekompression (abfallender Druck) werden die eingelagerten Gase über das Kreislaufsystem und die Lunge wieder freigesetzt und ausgeschieden.
Gesundheitsprobleme können in der Regel ab einem Überdruck > 0,1 bar auftreten.
Atemgasintoxikation
Bei hohem konstantem Überdruck (Isopressionsphase) besteht die Gefahr von Atemgasintoxikation [3]. Auch Verunreinigungen der Atemluft mit Kohlenmonoxid, nitrosen Gasen und Kohlendioxid kommen vor und können zu Intoxikationserscheinungen führen.
Erkrankung durch Arbeit in Druckluft ist in der Liste der Berufskrankheiten als BK 2201 enthalten.
Beim Auftauchen und nach Tauchgängen treten jährlich mehrere Hundert Dekompressionsunfälle auf [1]. Pro 10 000 Tauchgänge kommt es durchschnittlich bei Sporttauchern zu einem, bei Berufstauchern zu 9,5 Unfällen [1]. Zwischen 1993 und 2014 haben die Unfallversicherungsträger 267 Anzeigen wegen "Erkrankung durch Arbeit in Druckluft" (BK 2201) erhalten und 126 Fälle als Berufskrankheit anerkannt (Auswertung der Meldedaten an die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung).
Wechselwirkungen
Darüber hinaus bestehen in Überdruck über Wechselwirkungen mit anderen Gefährdungen erhöhte Risiken:
- Dekompressionserscheinungen können verstärkt werden, wenn sich Exponierte innerhalb der folgenden Stunden in Unterdrucksituationen begeben, z. B. einen Flug antreten oder in höhere Lagen fahren.
- Da Druckluft mehr Sauerstoff enthält, erhöht sich die Brandgefahr. Die Zündtemperatur ist verringert und die Abbrandgeschwindigkeit nimmt zu.
- Rauchgase, die beim Schweißen und Schneiden entstehen, wirken in Überdruck erheblich gesundheitsschädlicher. Die für Normaldruck ausgelegten Luftgrenzwerte sind nicht anwendbar.
- In Überdruck erzeugen Schallquellen höhere Lärmimmissionen. Gefahr von Gehörschädigung tritt bei geringerer Schallemission auf als bei Normalumgebungsdruck.