Ganzkörper-Vibrationen

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Ermittlung und Beurteilung

Bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen hat der Arbeitgeber zunächst festzustellen, ob Beschäftigte Vibrationen ausgesetzt sind oder sein können. Ist dies der Fall, sind alle von den Vibrationen ausgehenden Gefährdungen für die Gesundheit und Sicherheit zu beurteilen. Dazu sind die auftretenden Expositionen am Arbeitsplatz fachkundig zu ermitteln und zu bewerten (vgl. § 3 LärmVibrationsArbSchV).

Ermittlung

Eine Gefährdung besteht, wenn bei der Arbeit Vibrationen über die Sitz- oder Standfläche einwirken. Das ist insbesondere bei den unter 6.2.1. genannten und ähnlichen Quellen der Fall, wie sie in TRLV Vibrationen Teil 1, Abschnitt 4.1.1 angegeben sind. Diese Quellen sind zunächst zu ermitteln.

Beurteilungsgrößen

Die Beurteilung erfolgt anhand der Schwingungsbeschleunigung a in m/s2. Da Vibrationen niedriger Frequenzen für den Menschen belastender sind als solche mit höheren Frequenzen, muss die Vibrationsintensität mithilfe der Frequenzanalyse körpergerecht bewertet werden. Die frequenzbewertete Schwingungsbeschleunigung wird mit aw bezeichnet.

Vibrationswerte sind nach folgender Hierarchie für die Beurteilung zu verwenden (vgl. TRLV Vibrationen, Teil 1, Abschnitt 4.2):

  • Vorrangig sind die Ergebnisse bereits verfügbarer fachkundiger bzw. orientierender Messungen im Betrieb zu verwenden.
  • Sind solche Messwerte nicht verfügbar, sind Immissionsmesswerte möglichst für die gleiche Maschine, sonst den gleichen Maschinentyp aus anderen Betrieben, öffentlichen Datenbanken (z. B. KarLA des Landes Brandenburg) oder Fachpublikationen (z. B. IFA) mit vergleichbaren Einsatzbedingungen heranzuziehen.
  • Sind Immissionsmesswerte nicht verfügbar, sind Vibrationsemissionswerte für den Maschinentyp heranzuziehen (z. B. KarLA des Landes Brandenburg und weitere Datenbanken).
  • Sind auch solche Emissionswerte nicht verfügbar, ist zu prüfen, ob die branchenbezogenen Gefährdungstabellen bei Vibrationen der BAuA verwendbar sind.
  • Lässt sich die Überschreitung der unten angegebenen Auslöse- und Expositionsgrenzwerte nicht sicher ausschließen, sind fachkundige Messungen nach TRLV Vibrationen Teil 2 zu veranlassen. Manche Unfallversicherungsträger unterstützen hierbei ihre Mitgliedsbetriebe, siehe Liste der Messstellen. Die Dokumentation der Messwerte hat der Arbeitgeber mindestens 30 Jahre in einer Form aufzubewahren, die eine spätere Einsichtnahme ermöglicht (§ 4 LärmVibrationsArbSchV).

Da die Empfindlichkeit des Menschen auf vertikale Vibrationen geringer ist als auf horizontale Vibrationen, sind folgende Korrekturfaktoren zu berücksichtigen:

  • kx = ky = 1,4
  • kz = 1

Für die Beurteilung ist die auf den Menschen einwirkende Tagesdosis relevant. Daher ist neben der Vibrationsbeschleunigung die Einwirkungsdauer einer typischen 8-Stunden-Schicht zu ermitteln (vgl. TRLV Vibrationen, Teil 1, Abschnitt 6).

Mithilfe von Berechnungsformeln nach TRLV Vibrationen, Teil 1, Anlage 2 kann der Tages-Vibrationsexpositionswert A(8) errechnet werden. Einfacher ist die Verwendung eines Vibrationsrechners (Excel-Anwendung) durch Eingabe der frequenzbewerteten Schwingungsbeschleunigungen awx,y,z (ohne Korrekturfaktoren!) und der Einwirkungsdauer. Mit dem Vibrationsrechner können auch im Tagesverlauf verwendete unterschiedliche Vibrationsexpositionen kombiniert werden. Alternativ kann die Expositionspunkte-Tabelle aus Anlage 2 der TRLV Vibrationen Teil 1 verwendet werden. KarLA stellt auch einen einfachen Online-Erdbaumaschinen-Rechner zur Verfügung.

Bewertung

Die ermittelten Tages-Vibrationsexpositionswerte A(8)x,y,z sind zu vergleichen mit

  • den Expositionsgrenzwerten
    • A(8) = 1,15 m/s2 in (horizontaler) X- und Y-Richtung und
    • A(8) = 0,80 m/s2 in (vertikaler) Z-Richtung und dem
  • dem Auslösewert A(8) = 0,50 m/s2 (für alle Richtungen)

aus § 9 LärmVibrationsArbSchV. Dabei wendet der Vibrationsrechner das Ampelprinzip an:

  • Wird ein Expositionsgrenzwert erreicht, besteht ein hohes Gesundheitsrisiko im roten Gefahrenbereich. Es sind Sofortmaßnahmen zur Unterschreitung der Expositionsgrenzwerte erforderlich.
  • Werden die Expositionsgrenzwerte nicht erreicht, aber der Auslösewert überschritten, ist das Gesundheitsrisiko im gelben Besorgnisbereich. Die in der LärmVibrationsArbSchV vorgeschriebenen Maßnahmen sind zu ergreifen.
  • Wird der Auslösewert für keine Wirkrichtung überschritten, ist das Gesundheitsrisiko gering (grüner Akzeptanzbereich). Dann reichen Sorgfaltsmaßnahmen aus, die sicherstellen, dass es nicht zum Überschreiten des Auslösewerts kommt. Weitere Verbesserungsmöglichkeiten sind zu prüfen.

Bei der Beurteilung ist die Wirkrichtung des Tages-Vibrationsexpositionswerts mit anzugeben, der den zugehörigen Expositionsgrenzwert relativ am nächsten kommt bzw. ihn am stärksten überschreitet (vgl. TRLV Vibrationen Teil 1, Anlage 2, Absatz 7). Die Anwendung des Vibrationsrechners gewährleistet dies automatisch.

Besonders gefährdete Personengruppen

Im Rahmen der Beurteilung der Arbeitsbedingungen sind besonders gefährdete Personengruppen wie Jugendliche, werdende und stillende Mütter, Behinderte oder Beschäftigte mit Vorerkrankungen sowie Neulinge zu berücksichtigen.

Nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz dürfen Jugendliche und nach dem Mutterschutzgesetz werdende und stillende Mütter nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, bei denen die Sicherheit und die Gesundheit der betroffenen Personen durch Stöße und Vibrationen gefährdet wird.

Nähere Angaben enthält Abschnitt 6.5 der TRLV Vibrationen Teil 1.

Beurteilung von Gebäude-Vibrationen

Gebäude-Vibrationen bleiben zwar in aller Regel unterhalb des Auslösewerts, können aber die Wahrnehmung und die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Abschnitt 6.6 der TRLV Vibrationen Teil 1 gibt Orientierungswerte für die Beurteilung.

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