Mechanische Gefährdungen

Mechanische Gefährdungen entstehen durch Relativbewegungen zwischen Teilen des menschlichen Körpers und Gegenständen wie Arbeitsmitteln oder Arbeitsgegenständen, die zu einem Zusammentreffen derselben führen. Folge dieses Zusammentreffens können Unfälle sein, die zu Verletzungen führen.

Gemäß der Unfallstatistik der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) werden etwa drei Viertel aller Arbeitsunfälle durch mechanische Gefährdungen hervorgerufen (Abb. 1-1).

Die höchsten Anteile an allen Arbeitsunfällen haben mit jeweils rund 25 % Unfälle, die durch Kontakt mit kontrolliert oder unkontrolliert bewegten Teilen und mit gefährlichen Oberflächen hervorgerufen werden, sowie Unfälle durch Sturz, Ausrutschen, Stolpern und Umknicken. Unfälle, die im Zusammenhang mit Transportaufgaben und bewegten Arbeitsmitteln entstehen, liegen bei 20 % aller Arbeitsunfälle. Die oftmals schweren oder tödlichen Absturzunfälle machen ca. 6 % der Arbeitsunfälle aus.

Abb. 1-1 Anteil der Unfälle durch mechanische Gefährdungen an der Gesamtzahl der Arbeitsunfälle 2018 [1]

Die Schwere möglicher Verletzungen hängt von den geometrischen und physikalischen Eigenschaften der bewegten Objekte ab. Ein wesentliches Kriterium ist die kinetische Energie, mit der ein bewegtes Teil, z. B. ein Arbeitsmittel, Teile von Arbeitsmitteln oder ein Arbeitsgegenstand auf den Körperteil trifft oder umgekehrt das bewegte Körperteil auf den ruhenden Gegenstand. Die kinetische Energie ist dabei z. B. abhängig von der Geschwindigkeit und der Masse der bewegten Objekte. Weitere Einflussfaktoren sind die Geometrie und die Materialeigenschaften, insbesondere Härte und Elastizität der aufeinandertreffenden Oberflächen. Die Verletzungsschwere wird niedriger sein, wenn das bewegte Teil eine stumpfe, statt eine spitze Geometrie hat oder wenn es eine weiche anstelle einer harten Oberfläche aufweist. Das Gleiche gilt für die beteiligten Körperteile, wenn weiche elastische (Arm) anstelle harter, knöcherner (Finger) Regionen zusammentreffen.

Aufgrund der Verschiedenartigkeit der mechanischen Gefährdungen (siehe Abb. 1-2) ist eine sehr differenzierte Betrachtung der Maßnahmen zur Risikominderung erforderlich. Einige grundsätzliche Gestaltungsregeln sind folgende:

Die erste Gestaltungsregel bei der Risikominderung mechanischer Gefährdungen lautet: Verringerung der wirkenden Energie auf ein ungefährliches Maß. Allerdings gab es bisher dafür nur für Einzelfälle bekannte Grenzwerte [2]. Ein Beispiel hierfür sind Grenzwerte für die Gestaltung angetriebener Türen bei Fahrzeugen und für Maschinenschutztüren. Eine neue Quantität an Werten wurde hier erst in jüngster Zeit z. B. durch Forschungen zur Absicherung der Mensch-Roboter-Kollaboration gewonnen. Dadurch liegen jetzt für weitere Bereiche des menschlichen Körpers biomechanische Grenzwerte für eine Beurteilung der mechanischen Gefährdung vor [3].
Die zweite Gestaltungsregel bei der Risikominderung mechanischer Gefährdungen lautet, für die örtliche oder zeitliche Trennung zwischen Mensch und bewegtem Teil zu sorgen. Dazu werden trennende Schutzeinrichtungen für eine örtliche Trennung oder nicht trennende Schutzeinrichtungen, z. B. Lichtgitter oder Laserscanner für eine zeitliche Trennung eingesetzt.

Wenn eine solche Trennung nicht möglich ist, ist die dritte Gestaltungsregel das Zur- Verfügung-Stellen von persönlicher Schutzausrüstung, wie z. B. bei mechanischen Gefährdungen durch Stolper-, Rutsch- und Sturzunfälle die Bereitstellung von Sicherheitsschuhen mit entsprechender Rutschhemmung. Sollten derartige Maßnahmen nicht möglich sein, ist das Mittel der Wahl die Vorgabe von Verhaltensanforderungen.

Mechanische Gefährdungen treten insbesondere im Zusammenhang mit der Verwendung von Arbeitsmitteln, beim Umgang mit Arbeitsgegenständen, z. B. bei Transportarbeiten oder durch Gestaltungsmängel in der Arbeitsstätte auf.
Mechanische Gefährdungen lassen sich untergliedern in

  • Gefährdungen durch kontrolliert bewegte ungeschützte Teile,
  • Gefährdungen durch Teile mit gefährlichen Oberflächen wie Ecken, Kanten, Spitzen, Schneiden, Oberflächen mit hohen Oberflächenrauigkeiten,
  • Gefährdungen im Zusammenhang mit Transport und Verwenden mobiler Arbeitsmittel,
  • Gefährdungen durch unkontrolliert bewegte Teile,
  • Gefährdungen durch Sturz durch Ausrutschen, Stolpern, Umknicken und
  • Gefährdungen durch Absturz von Personen auf eine tiefer gelegene Fläche oder einen Gegenstand.

In nachfolgender Übersicht werden typische Gefahrstellen oder Gefahrquellen dargestellt, anhand derer die genannten Untergruppen mechanischer Gefährdungen identifiziert werden können (Abb. 1-2).

Abb. 1-2 Untergruppen mechanischer Gefährdungen mit typischen Gefahrstellen oder Gefahrquellen

Die nachfolgenden Abschnitte enthalten bezogen auf die dargestellten Untergruppen mechanischer Gefährdungen weiterführende Informationen zu Methoden für die Gefährdungsbeurteilung, zu Grenzwerten und anderen Beurteilungsmaßstäben sowie zu Arbeitsschutzmaßnahmen, vorliegenden Arbeitsschutzvorschriften und weiteren wissenschaftlichen Erkenntnissen, die für die Beurteilung mechanischer Gefährdungen genutzt werden können.

Literatur

[1] Sonderauswertung des Referates Statistik der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), 25.10.2019

[2] Kommission Arbeitsschutz und Normung (KAN): KAN-Studie Quetschstellen – Arbeitsgrundlagen für die Normung, 1996

[3] FB HM-080: DGUV Information Kollaborierende Robotersysteme – Planung von Anlagen mit der Funktion "Leistungs- und Kraftbegrenzung" Ausgabe 08/2017

Autoren und Ansprechpartner

  • Thomas Mössner
  • Marlies Kittelmann

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