Atypische Arbeitszeitlagen

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Arbeitsschutzmaßnahmen und Wirksamkeitskontrolle

Nachtarbeit, Schicht, Wochenendarbeit sollte soweit wie möglich begrenzt werden. Dies gilt sowohl für die Gesamtarbeitszeit eines Betriebs als auch für die Zahl der von den einzelnen Beschäftigten zu leistenden (Nacht)schichten. Für erforderliche (Nacht‑)Schichtarbeit sollten ergonomische Schichtsysteme eingeführt werden.

Die Arbeit ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen zur Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit festzulegen.

Arbeitswissenschaftliche Empfehlungen beachten

Das Arbeitszeitgesetz verlangt in § 6 Absatz 1 die Berücksichtigung arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse bei der Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit. Eine Übersicht zu entsprechenden Empfehlungen gibt der „Leitfaden zur Einführung und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit" (BEERMANN, 2005).

Nachtschicht

Wissenschaftlich ist erwiesen, dass sich die physiologischen Funktionen des Menschen nicht vollständig an Nachtarbeit anpassen können, auch wenn viele Nachtarbeiter subjektiv diesen Eindruck haben. Deshalb wird die Einhaltung einer möglichst kurzen Anzahl von aufeinander folgenden Nachtschichten empfohlen, auch um möglichst schnell wieder nach dem üblichen Tagesrhythmus zu leben. Konkret empfohlen werden maximal drei Nachtschichten in Folge und das gilt sowohl für die Nachtschichten in klassischen Schichtsystemen als auch für Bereitschaftsdienste, die im Anschluss an Regeldienste die Nachtzeit abdecken.

Ruhezeit nach Nachtschichten

Arbeitsleistung in der Nacht stellt eine besondere Belastung für den Beschäftigten dar. Um eine angemessene Erholung zu ermöglichen, soll nach einer Folge von Nachtschichten eine ausreichende Ruhezeit gewährt werden. Für Schichtarbeiter werden mindestens 24 Stunden, besser 48 Stunden nach einem Nachtschichtblock empfohlen.

Arbeitsbeginn bei Frühschichten

Frühschichten sollten nicht zu früh beginnen, um einem Schlafdefizit vorzubeugen. Durch längere Wegezeiten z. B. kann die Nachtschlafzeit erheblich verkürzt werden, zumal es Hinweise darauf gibt, dass Schichtarbeiter vor einer Frühschicht nicht früher einschlafen können (nach KNAUTH & HORNBERGER, 2003). Somit ist ein Frühschichtbeginn um 6:30 Uhr besser als um 6:00 Uhr und einer um 6:00 Uhr besser als um 5:30 Uhr.

Wochenendarbeit

Da in unserer Gesellschaft das Wochenende einen hohen Stellenwert für Familienleben und Freizeit hat, sollte darauf geachtet werden, dass am Wochenende ein möglichst langer Freizeitblock liegt, der mindestens einen Samstag oder einen Sonntag einschließt.

Schichtfolgen

Ungünstige Schichtfolgen sollten vermieden werden. Das bezieht sich auf die Rotationsgeschwindigkeit, die Rotationsrichtung und das Auftreten von einzeln eingestreuten Arbeitstagen in Schichtsystemen. Kurzrotierende Systeme, in denen die verschiedenen Schichten in einer kürzeren Abfolge aufeinander folgen (z. B. Früh-Früh-Spät-Spät-Nacht-Nacht) sind sog. langrotierende Systemen (mit z. B. jeweils sieben Früh-, Spät- und Nachtschichten in Folge) vorzuziehen. Durch eine kurze Rotation ergeben sich häufiger längere Ruhezeiten zwischen den Schichten bzw. Schichtfolgen. Außerdem wirkt sich erwiesenermaßen eine Vorwärtsrotation (Früh-Spät-Nacht) positiver auf das Schlafverhalten und das allgemeine Wohlbefinden aus als eine Rückwärtsrotation (z. B. Nacht-Spät-Früh). Hier liegt der Grund ebenfalls in der längeren Ruhezeit zwischen den Schichten und zudem in der dem Menschen eigenen Zirkadianperiodik, die etwas mehr als 24 Stunden beträgt. Weiterhin sind einzelne eingestreute Arbeitstage zu vermeiden, die einen längeren Freizeitblock zerteilen und somit Erholung und vor allem Freizeit behindern.

Vorhersehbarkeit und Überschaubarkeit

Arbeits- und Schichtpläne sollten vorhersehbar und überschaubar sein. Da die Planung des Familienlebens und der Freizeit für Schichtarbeiter erschwert ist, sollten einmal aufgestellte Pläne für die Beschäftigten verlässlich und überschaubar sein und möglichst wenig und vor allem nicht kurzfristig von Arbeitgeberseite aus geändert werden.

Arbeitsbelastung

Die Schichtlänge ist an die Arbeitsbelastung anzupassen. Um eine solche Kopplung der Schichtlänge an die zu erfüllenden Aufgaben und Arbeitsinhalte vorzunehmen, sind Tätigkeitsanalysen und Belastungsanalysen empfehlenswert.

Arbeitsmedizinische Untersuchungen

Daneben ist geregelt, dass Nachtarbeitnehmer einen Anspruch auf regelmäßige arbeitsmedizinische Untersuchungen haben (§ 6 Absatz 3 ArbZG). Außerdem muss Nachtarbeit angemessen honoriert werden: entweder durch bezahlte freie Tage (Urlaub) oder einen Zuschlag auf das Entgelt (§ 6 Absatz 5 ArbZG). Ein Ausgleich über Freizeit ist auf jeden Fall einem finanziellen Zuschlag vorzuziehen, um die Arbeitsbelastung zu reduzieren und ein Freizeit- und Familienleben in ausreichendem Maße zu ermöglichen. Tarifverträge regeln diese Vorgabe häufig für Nacht- und Schichtarbeiter über die Gewährung von zusätzlichen Urlaubstagen.

Ruf- und Bereitschaftsdienste im Rahmen von Nacht- und Schichtarbeit

Wenn auch die arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse primär für Nacht- und Schichtarbeit gelten, sollten sie dennoch im Sinne des Arbeitsschutzes für jede Beschäftigung in der Nachtzeit beachtet werden, solange noch keine speziellen Erkenntnisse zu Auswirkungen z. B. von Nacht-Bereitschaftsdiensten vorliegen. Für diejenigen im Unternehmen, die für die Dienstplangestaltung zuständig sind, sind vertiefende Informationen empfehlenswert, wie sie z. B. in den Broschüren der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zu finden sind. Weitere Unterstützung kann über Schulungen zur Dienstplangestaltung – ggf. mit Softwareunterstützung oder durch eine externe Beratung gewährt werden.

Weitere Schutzmaßnahmen, die hier gelten und bereits im Bereich "Lange Arbeits- und arbeitsgebundene Zeiten – Arbeitsschutzmaßnahmen und Wirksamkeitskontrolle" ausführlich beschrieben wurden, sind:

  • Ausgleich gewährleisten
  • Arbeits-/Dienstplangestaltung
  • Tätigkeitsanalyse
  • Personalbedarfsanalyse
  • Belastungsanalyse
  • verhaltensorientierte Maßnahmen

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