Ein Fachgutachten analysiert den Einfluss von Wegbreiten und Einengungen sowie einer zeitlich versetzten Nutzung der Fluchtwege auf die Entfluchtungszeiten.
Vorgaben zu Abmessung von Fluchtwegen enthält die Arbeitsstättenregel ASR A2.3, die der Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA) im Jahr 2022 aktualisiert hat. In einem Gutachten wurde dabei mit Hilfe von Simulationsmodellen untersucht, welchen Einfluss Einengungen und Treppen auf Fluchtwegen sowie eine zeitlich versetzte Nutzung der Fluchtwege auf die Entfluchtungszeit haben.
Zum Schutz der Beschäftigten muss der Arbeitgeber beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten Vorkehrungen treffen, damit sich die Beschäftigten bei Gefahr unverzüglich in Sicherheit bringen und schnell gerettet werden können (ArbStättV § 4 Abs. 4). Die Gestaltung von Fluchtwegen und Notausgängen spielt hierbei eine wesentliche Rolle. In der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A2.3 "Fluchtwege und Notausgänge" wurden hierfür Anzahl, Anordnung und Abmessung der Fluchtwege konkretisiert. Die in der ASR A2.3 enthaltenen Anforderungen stammen z. T. aus früheren Richtlinien. Der Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA) hatte deshalb eine Projektgruppe mit der Prüfung und Fortschreibung der ASR A2.3 beauftragt. Im März 2022 wurde die an den Stand der Technik angepasste ASR A2.3 im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl) veröffentlicht.
Zur Unterstützung dieser Überarbeitung wurde im Auftrag der BAuA mit einem Fachgutachten untersucht, inwieweit die Breite von Wegen, Treppen, Türen und Einengungen die Entfluchtungszeiten beeinflussen und welchen Einfluss eine zeitlich versetzte Nutzung der Fluchtwege bei mehrgeschossigen Gebäuden hat. In einer ergänzenden Untersuchung wurden die Wechselwirkungen zwischen der Anzahl Ebenen (auch als Etagen, Geschosse, Stockwerke bezeichnet), Anzahl Personen pro Ebene sowie den Treppenbreiten analysiert. Basis des Fachgutachtens sind Berechnungen mit zwei voneinander unabhängigen mikroskopischen Simulationsmodellen sowie Vergleichsrechnungen mit makroskopischen Strömungsmodellen.
Im Ergebnis konnte daraus abgeleitet werden, dass kurze Einengungen auf horizontalen Fluchtwegen kaum Auswirkungen auf die Gesamtentfluchtungszeit sowie auf die Passagezeit einzelner Personen haben. Längere Einengungen auf horizontalen Fluchtwegen, die in der Praxis beispielsweise durch Abstellen von Möbeln in Gängen vorhanden sein können, haben dagegen einen deutlichen Einfluss auf die Entfluchtungszeiten. Dies führt zu Verzögerungen bei der Entfluchtung. Die Analysen zeigen weiterhin, dass ein steter linearer Zusammenhang zwischen Fluchtwegbreite und Gesamtentfluchtungszeit besteht. Treppen im Verlauf von Fluchtwegen führen zu einer deutlichen Abbremsung des Personenstromes. Besteht ein Fluchtweg aus horizontalen sowie vertikalen Elementen (Treppen), so sind die Einengungen entlang des Ganges einschließlich einer in den Treppenraum mündenden regelkonformen Tür vernachlässigbar, da die eigentliche Flussreduktion durch die Treppen verursacht wird. Bei mehrgeschossigen Gebäuden kann es ab einer bestimmten Personenbelegung der Ebenen zu einem Rückstau in den Treppenräumen sowie angrenzenden Bereichen in den Ebenen kommen.
Die Ergebnisse sind umfassend in dem baua: Bericht "Fachgutachten zu Fluchtwegen in Arbeitsstätten - Einfluss von Wegbreite, Treppen, Türen und Einengungen auf die Entfluchtung“ dargestellt. In den Ausgaben des baua: Fokus "Fluchtwegbreiten in Treppenräumen von mehrgeschossigen Arbeitsstätten" und "Bemessung der Fluchtwegbreiten in Arbeitsstätten - Ein Fachgutachten" werden die Ergebnisse zusammengefasst und einzelne Themen erläutert. Auf Basis der Ergebnisse des Fachgutachtens wurden die Regelungen für Fluchtwegbreiten in der ASR A2.3 an den Stand der Technik angepasst.