Kontrolliert bewegte ungeschützte Teile
Ermittlung und Beurteilung
Auswahl der Arbeitsmittel
Maschinen dürfen erstmalig nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn die Sicherheitsanforderungen und Voraussetzungen nach §§ 3 bis 5 der Maschinenverordnung (Neunte Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz) erfüllt sind. Bei der Gefährdungsbeurteilung zur Bereitstellung von Arbeitsmitteln durch den Arbeitgeber hat dieser nach §§ 3 bis 13 BetrSichV unter Berücksichtigung der Technischen Regeln TRBS 2111 und TRBS 2111-Teil 1 die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, dass bei den gegebenen Einsatzbedingungen die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Beschäftigten gewährleistet sind.
Prüfung der Arbeitsmittel
Des Weiteren sind die Erfordernisse für die Prüfung hinsichtlich Art, Umfang, Fristen sowie personelle Voraussetzungen unter Berücksichtigung von TRBS 1203 zu ermitteln beziehungsweise festzulegen. Besonders zu beachten sind Arbeitsmittel, deren Sicherheit von der Montage, Instandsetzung unter anderem möglichen Veränderungen abhängt (§ 14 BetrSichV).
Zum Schutz vor Gefahrstellen gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
- Begrenzung der Gefahr auf ein ungefährliches Maß
- Verhinderung der Wirkung der Gefahrstelle durch Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Schutzeinrichtungen (siehe "Arbeitschutzmaßnahmen" ).
Begrenzung der Kräfte und Geschwindigkeiten
Nur für wenige Fälle gibt es Grenzwerte für Kräfte oder Geschwindigkeiten bewegter Maschinenteile, weil auf Grund der Vielzahl von Einflussgrößen und Bedingungen eine Verallgemeinerung schwierig ist.
- So wird an kraftbetätigten Türen und Toren eine maximale Schließkraft (Klemmkraft) von 150 N empfohlen [4] . Trennende Schutzeinrichtungen werden in der Regel für nicht erforderlich gehalten, wenn die maximale Kraft bewegter Maschinenteile ≤ 150 N und der Kontaktdruck <50 N/cm² betragen (zum Beispiel DIN EN 12203).
- Für bewegte Teile in automatisierten Fertigungssystemen gibt DIN EN ISO 11161 Beispiele für eine – "sicher" reduzierte Geschwindigkeit bei gefahrbringenden Bewegungen z. B. von weniger als 10 mm/s bei Pressen, weniger als 250 mm/s bei Robotern, weniger als 250 mm/s bei allen Nicht Scherenden Bewegungen und weniger als 33 mm/s bei Gefährdungen durch Scherbewegungen an.
- Hinsichtlich des Einsatzes von Robotern in Zusammenarbeit mit dem Menschen enthält die DGUV Information "Kollaborierende Robotersysteme – Planung von Anlagen mit der Funktion "Leistungs- und Kraftbegrenzung"", Ausgabe 08/2017, biomechanische Grenzwerte für Kräfte und Drücke bezogen auf verschiedene Körperregionen des Menschen sowie Hinweise zu deren Messung.
Oberflächengestalt
Für die Gestaltung von Ecken/Spitzen, Kanten/Schneiden, Rauigkeit an bewegten Maschinenteilen gibt es keine allgemeingültigen Grenzwerte. Es existieren Richtwerte für spezielle Fälle [5] (zum Beispiel sind Fangstellen durch Wellenenden vermeidbar, wenn diese nicht mehr als das 0,25-fache ihres Durchmessers vorstehen oder glatt rundlaufend und <50 mm breit sind).
Engstellen
Gefährliche Engstellen, meist in Form von Quetschstellen, liegen nach DIN EN ISO 13854 dann vor, wenn bezogen auf bestimmte Körperteile folgende Maße (Abbildung 1.1-2) zwischen zwei bewegten Teilen oder zwischen einem bewegten und feststehenden Teil unterschritten werden:
Zur Vermeidung von Quetschstellen der unteren Extremitäten (Zehen, Fuß, Bein) ist DIN EN ISO 13857 "Sicherheit von Maschinen - Sicherheitsabstände gegen das Erreichen von Gefährdungsbereichen mit den oberen und unteren Gliedmaßen" zu beachten.
Sicherheitsabstände
Der Sicherheitsabstand ist der Mindestabstand zwischen Mensch und Gefahrstelle, bei dem die Gefahrstelle nicht mehr erreichbar ist. In Abhängigkeit von Lage der Gefahrstelle, Anordnung und Gestalt des Hindernisses (geschlossen oder mit Öffnungen durchbrochen) sowie der auf das Hindernis bezogenen Bewegung des Menschen oder seiner Körperteile werden in DIN EN ISO 13857 "Sicherheit von Maschinen - Sicherheitsabstände gegen das Erreichen von Gefährdungsbereichen mit den oberen und unteren Gliedmaßen" folgende Sicherheitsabstände angegeben:
- vertikale Sicherheitsabstände beim Hinaufreichen (bei geringem und hohem Risiko)
- Sicherheitsabstände beim Herumreichen (für Personen ab 14 Jahre)
- Sicherheitsabstände beim Hindurchreichen durch Öffnungen (für Personen ab 3 Jahre und ab 14 Jahre)
- horizontale Sicherheitsabstände beim Hinüberreichen über Hindernisse (bei geringem und hohem Risiko - siehe Tabelle 1.1-1)
Sicherheitsabstände berechnen
Sicherheitsabstände für nicht trennende Schutzeinrichtungen (zum Beispiel mit Annäherungsreaktion) können wie folgt berechnet werden:
S = K · T + C
S - Mindestsicherheitsabstand (Abstand zwischen Auslöser der Schutzeinrichtung und Gefahrbereich)
K - Annäherungsgeschwindigkeit
T - gesamte Ansprechzeit der Schutzeinrichtung
C - zusätzlicher Sicherheitsabstand
Als Annäherungsgeschwindigkeit kann angenommen werden:
- für Teilkörperbewegungen (Hand-, Arm-, Fuß-, Beinbewegung): 2,00 m/s
- für Ganzkörperbewegungen: 1,60 m/s
Der zusätzliche Sicherheitsabstand C hängt von der Annäherungsrichtung, Zugangsmöglichkeit zum Gefahrbereich, Typ der Schutzeinrichtung (Objekterkennung) ab (DIN EN ISO 13855).