Aus Krisen lernen

Im Juni 2023 fand im Xplanatorium Herrenhausen in Hannover die Konferenz "Climate Related Systemic Risks: Lessons Learned from Covid-19" statt, auf der ich als Mitarbeiterin des BAuA-Projektes „Arbeitsorganisatorische Maßnahmen als Teil des Pandemiemanagements in stationären Pflegeeinrichtungen“ mit einem Poster vertreten war.
Ein Beitrag von Maria Zink

Honigbienen bilden eine Kette, um einen Abgrund zu überwinden
© iStock/Viesinsh

Die Konferenz

Sind wir als Weltgemeinschaft auf die systemischen Krisen vorbereitet, die infolge der Klimakrise auf uns zukommen? Und kann man die Erkenntnisse aus der COVID-19-Pandemie auf mögliche klimatisch bedingte systemische Risiken übertragen? So lauteten die Leitfragen des Xplanatoriums Herrenhausen dieses Jahr.  

Kern der Veranstaltung waren Vorträge zu Themen wie "Wahrnehmung, Verhalten und Kommunikation während der COVID-19-Pandemie" oder "Globales Ernährungssystem und Lieferketten" – immer im Kontext der Klimakrise gedacht. Zusätzlich gab es interessante Podiumsdiskussionen, einen Science Walk durch die Herrenhäuser Gärten oder Flash Talks der eingeladenen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler zu ihren jeweiligen Forschungsthemen (Programm der Konferenz).

Das Poster

Ergänzend zu diesem abwechslungsreichen Programm gab es eine Postervorstellung im Foyer des Veranstaltungsgebäudes. In diesem Rahmen stellten ich unser Poster mit dem Titel "Managing work stressors of inpatient nurses during the COVID-19 pandemic: a systematic review of organizational level workplace interventions" (deutsch: Umgang mit Arbeitsstressoren stationärer Pflegekräfte während der COVID-19-Pandemie: ein Systematischer Review arbeitsorganisatorischer Maßnahmen stationärer Pflegeeinrichtungen) vor. Der Systematische Review in unserem Projekt ist in enger Zusammenarbeit mit Frederike Pischke von der TU Dresden entstanden. Wir sind der Frage nachgegangen, welche arbeitsorganisatorischen Maßnahmen von stationären Pflegeeinrichtungen (Krankenhäusern, Langzeitpflegeeinrichtungen) ergriffen wurden, um den pandemieassoziierten Arbeitsbelastungen von beruflich Pflegenden entgegenzuwirken.

Nach Prüfung von vier Datenbanken sowie zwei Pre-Print-Datenbanken konnten wir zwölf Studien identifizieren, die unseren Suchkriterien entsprachen. Ausschlaggebend für einen Einschluss war vor allem, dass sich die in der Studie betrachtete Maßnahme explizit an berufliche Pflegende richtete und deren Wirksamkeit anhand eines experimentellen Studiendesigns geprüft wurde. Die gefundenen Maßnahmen und die konkrete methodische Vorgehensweise werden in unserer geplanten Veröffentlichung nachzulesen sein (Prospero-ID CRD42023364807).

Auf der Konferenz vorgestelltes Poster © F2541/BAuA

Mein Eindruck

Die Konferenz verstand sich als Fortsetzung der Veranstaltung "Extreme Events – Building Climate Resilient Societies" von 2019, deren Teilnehmendenkreis auch 2023 wieder erschienen ist. Mir ist daher besonders positiv die familiäre Atmosphäre auf der Konferenz aufgefallen. Das hat mich motiviert, mich inhaltlich tiefgehend mit den teilweise bedrückenden Themen auseinanderzusetzen.

Beeindruckt war ich vom versammelten Wissen über die komplexen Zusammenhänge in unserem globalen System in den verschiedenen Bereichen wie den globalen Ernährungs- oder Finanzsystemen. Besonders spannend war es daher, in den Podiumsdiskussionen darüber zu reflektieren, weshalb das bestehende Wissen zu selten oder nur in einem unzureichenden Ausmaß zu nötigen Veränderungen führt, um den zukünftigen systemischen Risiken aufgrund der Klimakrise entgegenzuwirken und die gesellschaftliche Resilienz zu fördern. Gemeinsam wurden Ideen einer verbesserten Wissenschaftskommunikation diskutiert oder die eigene Rolle als Wissenschaftlerin bzw. Wissenschaftler, die oft eher sachlich und weniger politisch sei, kritisch hinterfragt.

Mir persönlich ist in diesem Zusammenhang die Aussage von Stephan Lewandowsky der University of Bristol (Beitrag: "Klimakrise und Fake News") in Erinnerung geblieben. Auf die Frage, was Lewandowsky aktuell als größte Gefahr für die Bewältigung der klimabedingten Herausforderung sehe, gab er zur Antwort, dass er in vielen Ländern die bestehenden Demokratien, nicht nur aufgrund von Fake News, in Gefahr sehe und für ihn der Schutz dieser an oberster Stelle stehe. Ohne demokratische Gesellschaften sei es kaum möglich, den zukünftigen klimabedingten systemischen Risiken entgegenzuwirken. 

Als Nachwuchswissenschaftlerin habe ich enorm von der Teilnahme an der Konferenz profitiert. Das Netzwerken war durch die familiäre Atmosphäre sehr angenehm, und der Austausch mit den anderen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern bei Lunch, Kaffee und Abendessen war sehr aufschlussreich. Ein ganz besonderes und überraschendes Highlight war der bereits erwähnte Science Walk. Hier habe ich mich mit anderen Teilnehmenden einer Beitraggebenden meiner Wahl anschließen können, um einen Spaziergang durch die Herrenhäuser Gärten zu unternehmen. Gemeinsam konnten wir mit Fiona Charlson von der University of Queensland ihre Forschung zum aktuellen und zukünftigen Einfluss der Klimakrise auf die mentale Gesundheit diskutieren.

Ein Ausblick

Von den Erfahrungen und gewonnenen Erkenntnisse sowie den geknüpften Kontakten profitiere nicht nur ich selbst, sondern auch unsere weiteren Projektaktivitäten. Denn auch die Klimakrise wird das Gesundheitssystem in Deutschland stark beeinflussen und die Arbeit in den stationären Pflegeeinrichtungen verändern. Im kommenden Projektschritt werden wir einen Blick in die Zukunft werfen: Ab Mai 2024 wird in Szenario-Workshops mit Expertinnen und Experten des Krisenmanagements und aus dem Bereich der stationären Pflege u. a. die Übertragbarkeit verschiedener Krisenmanagementstrategien auf die stationäre Pflege diskutiert. An der Teilnahme Interessierte sind eingeladen, sich mit unserem Projektteam in Verbindung zu setzen:

zink.maria@baua.bund.de

Tel. +49 351 5639 5422

Auch wenn die auf der Konferenz vorgestellten Prognosen zum negativen Einfluss der Klimakrise auf unsere Gesellschaft(en) und zu den aktuell bestehenden Problemen bei der Klimaanpassung schwer verdaulich waren, stimmt es mich dennoch optimistisch, zu beobachten, wie das gesellschaftliche Bewusstsein wächst. So setzen sich immer mehr relevante Akteure mit der Thematik auseinander und organisieren Veranstaltungen wie die Herrenhauskonferenz oder den 2. Deutschen Klimatag. Auch die Frage, wie die Klimakrise unser Arbeiten verändert, wird im Rahmen des Programms Arbeit: Sicher + Gesund des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales in Form einer Veranstaltungsreihe und einer darauf aufbauenden Politikwerkstatt seit Herbst 2023 beleuchtet, um die gesamtgesellschaftliche Sensibilisierung zu fördern und entsprechende Vorbereitungen zu treffen.

Konferenzteilnehmende vor dem Xplanatorium Herrenhaus in Hannover
Konferenzteilnehmende vor dem Xplanatorium Herrenhaus in Hannover © Institut für Biogeochemie; Max-Planck-Institut

Zitiervorschlag

Zink, Maria, 2024. Aus Krisen lernen. In: Neues aus den Projekten [online]. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Verfügbar unter: https://www.baua.de/DE/Forschung/Projektblogs/Neues-aus-den-Projekten-Blog/Artikel/Klimakrise-Pandemie-Pflege-Blog.html

Forschungsprojekt

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