Epidemiologie der Pneumokoniose und der chronischen Bronchitis im Steinkohlenbergbau
Ableitung von Grenzwerten für Steinkohlengrubenstaub
Die obstruktive chronische Bronchitis mit oder ohne Lungenemphysem sowie die Bergarbeiterpneumokoniose ("Silikose") ergeben sich als die wesentlichen nicht-malignen klinischen Endpunkte in der Ableitung eines Grenzwertes für den quarzhaltigen Kohlengrubenfeinstaub (Alveolarfraktion), wobei sich die Bergarbeiterpneumokoniose des Grades 1/1, ILO 1980 als der sensitivere Parameter herausstellt (Kapitel 4.3.1).
Wegen des langsamen Wirkungseintritts wird vorgeschlagen, Kohlengrubenfeinstaub nach Kapitel V Abschnitt g (Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe 1997a) einzuordnen, so daß Grenzwertüberschreitungen zugelassen werden.
Bei Akzeptanz des Schwellenwert-Ansatzes (Vermeidung des Auftretens der Bergarbeiterpneumokoniose des Grades 1/1, ILO 1980) mit oder ohne rückläufige Wirkungsschwelle ergibt sich als Vorschlag für den Grenzwert (MAK-Wert) eine Spanne von 1,5 mg/m³ bis 6 mg/m³ (vergleiche Kapitel 4.3.2). Aufgrund fehlender arbeitsmedizinisch-toxikologischer Hinweise auf eine Gesundheitsbeeinträchtigung durch Einzelschichtüberschreitungen wird unter Berücksichtigung von Tabelle 11, 12, 13 (vergleiche Kapitel 4.3.2) für diesen Grenzwert ein Überschreitungsfaktor bei 3,2 und damit obere 8h-Schranken zwischen ca. 5 mg/m³ und ca. 20 mg/m³ abgeleitet (siehe Tabelle 14 in Kapitel 4.3.2). Eine zusätzliche Differenzierung des Grenzwertvorschlages nach dem Quarzgehalt des Kohlengrubenfeinstaubes entfällt (vergleiche Kapitel 4.3.4).
Insbesondere die Ergebnisse britischer Forschungsarbeiten (deren Befunde allerdings nicht unter Wirkungsschwellenkonzepten analysiert wurden) legen die weitgehende Folgerung nahe, daß selbst bei niedrigsten Expositionen noch relevante Exzeßrisiken auftreten (vgl. Kapitel 4.3.3.1). Wird ein Schwellenwertansatz zur Ableitung von Grenzkonzentrationen also nicht akzeptiert, kann ein Zusatzrisiko für die Entwicklung von Chronischer Bronchitis/Emphysem sowie der Bergarbeiterpneumokoniose nach den britischen Studienergebnissen nur bei Elimination der Kohlengrubenstaubexposition (Exposition = 0 mg/m³) definitiv ausgeschlossen werden. Bei einer Akzeptanz des Schwellenwertkonzeptes ließe sich nach den hier vorgelegten Untersuchungen zwar ein Grenzwert > 0 mg/m³ benennen, jedoch machen die obigen Befunde zur Spanne der Werte die Unsicherheiten in einer wissenschaftlich abgesicherten Herleitung eines Grenzwertes für Kohlengrubenfeinstaub offenkundig. Entscheidungsträger sollten sich diese Unsicherheiten verdeutlichen. Die Festlegung eines Grenzwertes für Kohlengrubenfeinstaub sollte auch nicht isoliert, sondern stets im Hinblick auf ein umfassendes Arbeitshygienekonzept erfolgen (vergleiche Kapitel 5), um so den Gesundheitsschutz der Steinkohlenbergleute in Zusammenarbeit mit Arbeitsschützern, Arbeitssicherheitsingenieuren, Arbeitsmedizinern und Epidemiologen einerseits sowie Arbeitgebern, Mitbestimmungsvertretern und den Bergleuten andererseits zum Wohl der Beschäftigten und des Bergbaus nachhaltig zu optimieren.
Bibliografische Angaben
Titel : Epidemiologie der Pneumokoniose und der chronischen Bronchitis im Steinkohlenbergbau. Ableitung von Grenzwerten für Steinkohlengrubenstaub
1. Auflage .
Bremerhaven:
Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaft GmbH, 1998.
(Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Sonderschrift
, S 45)
ISBN: 3-89701-119-0, Seiten: 120, Papier
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