Aufgabenallokation in der Mensch-Roboter-Interaktion - Eine psychologische Betrachtung von Aufgabenzuteilungs-Prozessen zur Gestaltung menschengerechter Zusammenarbeit von Mensch und Roboter
Die Zuteilung von Arbeitsaufgaben auf Mensch und Maschine, die sogenannte Allokation, ist eine Herausforderung, deren Optimierung sich Forschende seit den 1950er Jahren widmen. Sie gewinnt jedoch eine gänzlich neue Bedeutung in der Betrachtung von Mensch-Roboter-Interaktion (MRI), wenn durch die Kombination menschlicher und robotischer Arbeitskraft Synergiepotenziale gehoben werden sollen. Statt beide Arbeitsanteile getrennt voneinander zu betrachten und Arbeit zu schaffen, die vor allem im Fertigungskontext teilautomatisierte, fixe Prozesse und menschliche Resttätigkeiten beinhaltet, erlauben neue technologische Entwicklungen im Bereich kollaborativer Robotik eine flexible Zusammenarbeit von Mensch und Roboter in Teamstrukturen. Diese Zusammenarbeit bietet großes Potenzial für menschengerechte Arbeitsgestaltung, erfordert dabei aber gänzlich neue, innovative Ansätze der Aufgabenallokation. Die Optimierung der Verteilung darf dabei nicht mehr allein im Vordergrund stehen, sondern muss einer Prozessbetrachtung weichen, in der die Aufgabenallokation als ein gestalt- und beeinflussbarer Prozess gesehen wird, und in der auch die psychischen Folgen verschiedener Gestaltungsformen prospektiv berücksichtig werden. Ziel dieser Dissertation ist es daher, Aufgabenallokationsprozesse aus der Perspektive menschengerechter Arbeit (siehe z. B. Hacker & Richter, 1980) zu beleuchten und psychische Folgen ihrer Gestaltung zu identifizieren und zu erfassen. Dadurch wird ein wesentlicher Baustein für eine nachhaltig erfolgreiche, menschengerechte Gestaltung von Mensch-Roboter-Zusammenarbeit gelegt.
In drei Artikeln wird der Themenbereich aus theoretischer und empirischer Perspektive angegangen. So bauen die Manipulationen eines Online- und Laborexperiments (Artikel 2 und 3) auf einem aus der Literatur abgeleiteten Prozessmodell der Aufgabenallokation (Artikel 1) auf. Untersucht werden in beiden Experimenten arbeitspsychologisch zentrale Variablen des Allokationsprozesses - wie Autonomieerleben und mentale Anstrengung - die ebenfalls Teil des Modells sind. Es zeigt sich, dass sich die Gestaltung des Allokationsprozesses, genauer der Einflussgrad der Beschäftigten auf die Aufgabenzuteilung, auf das Erleben der MRI auswirkt: So werden Auswirkungen (mittlere bis große Effekte) auf Zufriedenheit, erlebte Autonomie, mentale Anstrengung und Prozesskontrolle gezeigt, sowie der Einfluss von Vertrauen in die Technologie.
In der abschließenden Diskussion werden die Ergebnisse in der Zusammenschau betrachtet, Implikationen für die Allokationsgestaltung in der MRI abgeleitet, sowie ein umfassendes Forschungsprogramm zur weiteren Analyse des Themenfelds dynamischer Aufgabenallokation, gegliedert nach dem Prinzip Technik-Organisation-Person (TOP), vorgestellt. Der Beitrag der vorliegenden Arbeit für die Entwicklung des Themenfelds menschengerechter, in den Arbeitsprozess integrierter Aufgabenallokation und die Forschung daran aus soziotechnischer Perspektive wird herausgestellt.
Bibliografische Angaben
Titel: Aufgabenallokation in der Mensch-Roboter-Interaktion - Eine psychologische Betrachtung von Aufgabenzuteilungs-Prozessen zur Gestaltung menschengerechter Zusammenarbeit von Mensch und Roboter.
1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2021. Seiten: 143, Projektnummer: F 2418, PDF-Datei, DOI: 10.21934/baua:bericht20210614