Psychische Belastungen in der Dienstleistungsbranche

Die Entwicklungsarbeit richtete sich auf die Erstellung eines Screeningverfahrens, mit dessen Hilfe psychische Belastung durch Kundeninteraktion im Handel erfasst werden kann. Das Forschungsprojekt F 1912 gliederte sich in drei Phasen. In der Pilotstudie standen die Orientierung im Feld, die Erstellung einer Typologie des beruflichen Selbstverständnisses von Verkäufern, leitfadengestützte Verkäuferbefragungen, die Erstellung eines Itempools sowie die Entwicklung der Untersuchungskonzeption im Vordergrund. Der Pretest diente der Vorauswahl aussagekräftiger Items für das Screening-Instrument.

Auf Basis der Unterstützung eines deutschlandweit vertretenen Einzelhändlers wurden insgesamt 160 Verkäufer(innen) in vier Warenhäusern schriftlich befragt. So konnten die Daten für die Hauptuntersuchung gewonnen und die Endfassung des SABiA - Screening zur Analyse und Bewertung interaktiver Arbeitstätigkeiten - erstellt werden. 20 von ursprünglich 41 Items bilden nach der Itemselektion fünf Skalen: Kunden-Rollenverhältnis, Arbeitsorganisation-Rollenverhältnis, Gefühlsarbeit, Produkt-Rollenverhältnis und Umgang mit Kundenunzufriedenheit. Die Binnenstruktur klärt 50.72 % der Varianz auf, hat hohe Haupt- und sehr geringe Nebenladungen, und somit eine gut interpretierbare faktorielle Struktur. Die einzelnen Skalen weisen interne Konsistenzen von Cronbachs alpha = .51 - .70 auf, die interne Konsistenz der Gesamtskala beträgt .76. Die Skalen zum Rollenverhältnis weisen geringe bis mittlere negative Zusammenhänge mit einem Burnout-Maß auf (für die Gesamtskala SABiA und HBI beträgt Kendalls τ = -.24 bis -.34; p < .01). Weitere Zusammenhänge wurden mit arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebensmuster ermittelt: so mit Muster B (Burnout) mit τ = -.13 bis -.25 (p < .05, .01) oder mit dem Muster G (Gesundheit) mit τ = .13 bis .33 (p < .05, .01).

Das Screening SABiA ist ein psychometrisch geeignetes Verfahren, mit guter Reliabilität, ersten Hinweisen auf die Konstruktvalidität, bei gegebener Objektivität. Es bietet mehrere Auswertungsmodi sowie einen Gestaltungsleitfaden, der bedingungsbezogene und qualifikationsbezogene Maßnahmen vorschlägt. Durch die zugrunde liegende Stichprobe, die hinsichtlich der eher positiv zu bewertenden Belastungssituation sehr homogen ist, sollte in weiteren Untersuchungen stärker auf das Niedrigpreissegment im Handel fokussiert werden, um die Ergebnisse zu Reliabilität und Validität des Screenings zu untermauern.

Durch die Entwicklung des Screenings eröffnet sich ein Themenbereich, der unter anderem die Frage zulässt: Unter welchen Umständen sind die kundenbedingten Anforderungen persönlichkeits-, gesundheits- und/oder lernförderlich, beispielsweise hinsichtlich der Preisorientierung des Ladengeschäfts, organisatorischer Bedingungen oder individueller Voraussetzungen? So können weitere Gestaltungs- und Qualifizierungsmaßnahmen abgeleitet werden.

Bibliografische Angaben

Titel:  Psychische Belastungen in der Dienstleistungsbranche. EF/136

Verfasst von:  C. Schmidt, U. Pietrzyk, M. Burisch, S. Mußlick, S. Hoffmann

1. Auflage.  Dortmund:  Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2012. 
ISBN: 978-3-88261-128-1, Seiten: 118, Projektnummer: F 1912, Papier

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Forschungs­projekte

ProjektnummerF 1912 StatusAbgeschlossenes Projekt Psychische Belastungen in der Dienstleistungsbranche: Entwicklung eines Instrumentes für die Analyse, Bewertung und Gestaltung interaktiver Arbeitstätigkeiten

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Forschung abgeschlossen