Der Begriff "Physische Belastung" (körperliche Belastung) umfasst – ohne Wertung – jegliche Form körperlicher Belastung bei der Arbeit und in der Freizeit. Das vorliegende Kapitel behandelt körperliche bzw. motorische und kardiopulmonale Anforderungen bei der Arbeit, die eine Beanspruchung des Muskel-Skelett-Systems sowie des Herz-Kreislauf-Systems bewirken. Kurz- und langfristig können diese Anforderungen zur nicht mehr kompensierbaren Beanspruchung der individuellen Voraussetzung (Überforderung) führen und damit eine Gefährdung für die Gesundheit darstellen.
Das Muskel-Skelett-System umfasst das gesamte Skelett des Menschen, alle Knochen- und Gelenkstrukturen sowie die Muskulatur und die dazu gehörigen Sehnen, Sehnenansätze, Faszien (Bindegewebe) inklusive die sie versorgenden Blutgefäße und Nervenbahnen. Es ermöglicht das Einnehmen und das (Aus-)Halten von unterschiedlichen Körperpositionen, das Fortbewegen, das (Aus-)Balancieren des Körpers, die Interaktion mit der Umwelt, z. B. durch das Manipulieren und Agieren mit den Händen und Armen, sowie das Aufbringen und Halten von Körperkräften. All dies setzt intakte und anpassungsfähige sensible, sensorische und zentralnervöse Fähigkeiten und eine ausreichende Leistungsfähigkeit sowohl des Muskel-Skelett-Systems als auch des Herz-Kreislauf-Systems voraus.
Die körperliche Belastung ist alltäglich. Sie ist Bestandteil des menschlichen Daseins und zum Erhalt der Gesundheit erforderlich. Das Muskel-Skelett-System und das Herz-Kreislauf-System müssen belastet und damit beansprucht werden, um sie zu erhalten oder zu verbessern.
Die körperliche Arbeitsbelastung entsteht, wenn motorisch-dynamische Anforderungen oder statische Halteanforderungen vom Beschäftigten aktiv ausgeführt werden, wie beispielsweise das Heben von Lasten, repetitive manuelle Arbeiten oder das Arbeiten in Zwangshaltung. Die Höhe der Belastung ergibt sich aus vielen unterschiedlichen Faktoren, z. B. aus den Lastgewichten, den erforderlichen aufzubringenden Kräften zum Bewegen von Armaturen oder Flurförderzeugen oder zum sicheren Halten und Bedienen von Werkzeugen, den Greifbedingungen oder der Dauer und zeitlichen Verteilung der Anforderungen am Arbeitstag.
Die motorischen Anforderungen werden vom Beschäftigten unter Einsatz seiner körperlich vorhandenen Fähigkeiten sowie seiner erworbenen und erlernten Fertigkeiten aktiv erfüllt. Körperkonstitution, Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination können stark variieren. Die daraus folgende Beanspruchung kann individuell sehr unterschiedlich sein.
Die Bewegungsabläufe werden ggf. in unterschiedlichem Maße beherrscht und müssen oft erst erlernt werden (z. B. bei Berufsanfängern). Individuelle Aspekte, wie die Arbeitstechnik, also die Art und Weise, wie die Aufgabe erfüllt wird, spielen eine Rolle. Hinzu kommen alters- und geschlechtsspezifische sowie entwicklungsphysiologische Einflussfaktoren (z. B. nicht abgeschlossenes Skelettwachstum bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen).